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Bild des Benutzers dokodemo
Verbunden: 2. Mai 2007 - 22:08
Schielen und Weitsichtigkeit bei Kleinkind

Mein Sohn wird im Juni 3 Jahre alt, vor knapp 1 Jahr bin ich mit ihm zum AA, weil er plötzlich anfing auf dem linken Auge zu schielen - die Augen wurden getropft und eine Weitsichtigkeit von 5 Dioptrien festgestellt, Brille und Sehschule plus tägliches Abkleben für 1 Std. verordnet.
Bei der Sehschule in 3monatigen Abständen wurde mir jedes Mal gesagt, dass er die Augen nur abwechselnd benutzt, aber nicht zusammen (Beeinträchtigungen sind übrigens nie aufgefallen, mein Sohn \"sieht\" sehr detailliert und hat keine Probleme mit räumlichen Bewegungsabläufen).
Nun war ich heute wieder zur Kontrolle bei Sehschule und AA, der Schielwinkel hat sich etwas verbessert, aber nicht ausreichend, mir wurde zur Schieloperation geraten. Auch die Weitsichtigkeit ist gleich geblieben.
Die Werte auf dem Befund sehen wie folgt aus
Visus R ohne Glas 1,0 Brille R +4,0-1,0/5°
Visus L ohne Glas 0,8 Brille L +4,0-1,0/175°
Strabismus convergens
Amblyopie
Hyperopie, Astigmatismus (dahinter steht etwas, was ich nicht lesen kann) RA

Kann mir jemand die genannten Werte erklären, was bedeutet das bezüglich Sehstärke und räumliches Sehen?
Und wie steht es mit der Operation, muss zwingend operiert werden bzw. wann ist der günstigste Zeitpunkt?
Vor 1 Jahr sagte man mir noch, vor Schuleintritt wäre ausreichend wenn sich bis dahin nicht gebessert hat, heute hieß es lieber so bald wie möglich.
Und kennt jemand einen Spezialisten in Oberbayern?
Zu Dr. Wulff wurde mir schon an anderer Stelle geraten, im Zweifelsfall nehme ich den Weg auch auf mich, aber wir wohnen halt leider am andere Ende der Republik.

LG

Dorothea

Bild des Benutzers Kerstin Harms
Verbunden: 10. April 2002 - 0:00

Hallo Dorothea,

im Koblenzer Raum gibt es auch noch Ärzte - findest du hier im Forum unter Adressen - Spezialisten-Winkelfehlsichtigkeit.

Ich würde nicht voreilig operieren lassen. Mein Sohn hatte in der Kleinkindphase abwechselnd manifestes und latentes Schielen. Oft hieß es, er muss zur OP, ein paar Wochen später war es wieder anders.

Gehe doch einmal den Weg zu einem guten MKH-ler (i.d.Regel Augenoptiker) und lasse messen, ob nicht lediglich eine Winkelfehlsichtigkeit (die AÄ nennen es latentes Schielen) vorherrscht. Dann könnte man mit Prismen korrigieren und muss nicht gleich zu OP. Diese Adressen findest Du auch hier im Forum an gleicher Stelle bei den Adressen. Oder unter www.selbsthilfegruppe-:wink:elfehlsichtigkeit.de

Viele Grüße
Kerstin

Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft und Hingabe!

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Hallo Dorothea,

Dein Sohn ist übersichtig und hat eine sogenannte Stabsichtigkeit neben dem Schielen.
Übersichtigkeit (im Volksmund Weitsichtig) = zu geringe Brechkraft zur Baulänge des Auges, dadurch entsteht das Bild theoretisch hinter dem Auge scharf und ist auf der Netzhaut unscharf, wenn die Augenlinse nicht durch Scharfstellung für Ausgleich sorgt. Die Scharfstellung (Akkomodation) führt aber wiederum zu einem Impuls die Augen stärker nach innen zu stellen.
Stabsichtigkeit = (Hornhautverkrümmung) Es gibt zwei unterschiedliche Krümmungen (wie bei einem Löffel), die in der Korrektion beide bedacht werden müssen. Dies führt in dem angegebenen Fall zu dem zweiten Wert -1.0 dpt. Technisch handelt es sich um den Differenzwert zwischen den beiden Krümmungen / Hier "rechts" demnach +4.0 dpt und im senkrecht dazu wirkenden Wert +3.0 dpt. Dazu gehört die Festlegung der Achslage (unter welcher Drehrichtung soll der Zylinder in der Brille wirksam sein). Das Tragen der Korrektion ist für Dein Kind äußerst ratsam!

Das alternierende Sehen ist eine sehr häufig einsetzende Form des Schielens, vorallem auch nach einer Sehschule mit Abkleben. Dies wird i.a.R. als Endzustand angesehen. Eine Schiel-Op wird hier nur der Kosmetik halber irgendwann nachgezogen. Dies deshalb ungern sehr früh, weil man in solchen Fällen auch Doppelbildeindrücke als Folge der OP nicht ganz ausschließen kann.

Dr. Wulff, wie sonst nur noch einige wenige Spezialisten würden alternativ versuchen, durch gezielt gemessene und verabreichte Prismenbrillen, statt über Abkleben (und damit über einer Form der Verstärkung des alternierenden Sehens) mittels dieser eine Kopplung der Bilder herzustellen, die ja schon mal funktionierte. Je länger dieser Zustand aber abtrainiert wurde (nach Schielbeginn) desto fraglicher ist der mögliche Erfolg dieser Massnahmen. Besser wäre es jedenfalls gewesen (ich schreibe dies für andere Leser in ähnlicher Situation) wenn sofort im Alter von zwei Jahren Dr. Wulff eingeschaltet worden wäre. Ich weiß von Ihm, dass er nur für solche Fälle sehr kurzfristig versucht, einen Ersttermin zu starten. Jetzt kann man nur noch abwarten, was hier noch herausspringt. Aber in jedem Fall würde ich diesen Weg einer normalen konventionellen Sehschultherapie vorziehen. In vielen Fällen kann deutlich früher und auch weitaus sicherer zu einer OP geraten werden. Und auch danach kann sich noch manches zum positiven wenden, wenn man die Prägungsphase nicht nutzlos verstreichen lässt mit SCHIELEN (und wenn auch nur alternierend).
Alles Gute!

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers dokodemo
Verbunden: 2. Mai 2007 - 22:08

Danke Paul-Gerhard, jetzt bin ich schlauer.
Kann ein "normaler" Optiker eigentlich etwas damit anfangen, wenn ich hingehe und ihn auf Prismenbrillen und Winkelfehlsichtigkeit anspreche?
Oder kann das nur ein MKH-ler?
Das Schielen ist bei meinem Sohn erst mit 2 Jahren aufgetreten, soweit ich das bei Dr. Wulff richtig gelesen habe wäre die Prägephase da eh schon abgeschlossen gewesen?
Ist denn jetzt überhaupt noch mit der Entwicklung von räumlichen Sehen zu rechnen?
Und noch eine Frage macht es Sinn zuerst zu einem MKH-ler zu fahren und sich beraten zu lassen, oder muss ich vorher zu Dr. Wulff, brauche ich ein Rezept für die Prismenbrille?
Freiburg wäre ja nicht sooo weit entfernt, das ließe sich noch am ehesten machen, ein Termin bei Dr. Wulff dürfte ja dauern nehme ich an.

LG

Dorothea

Bild des Benutzers Dieter
Verbunden: 25. September 2006 - 9:38

Liebe Dorothea,

es gibt „normale“ Optiker, die die technische Ausrüstung zur MKH haben, darüber auch Bescheid wissen und bereit sind nach MKH zu messen. Bei uns am Ort ist z. B. ein solcher Optiker, der von sich selbst sagt, dass er noch keine Erfahrung damit hat.

Wir waren mit unserem Sohn zuerst bei einem MKH-ler und haben danach bei diesem Optiker am Ort eine von ihm kostenlos angebotene Vergleichsmessung machen lassen.

Das Ergebnis war so gut, dass ich aus heutiger Sicht für eine Erstkorrektur durchaus solch einen „normalen“ Optiker aufsuchen würde, wenn er entsprechend ausgerüstet ist.

Gruß Dieter

Bild des Benutzers Kerstin Harms
Verbunden: 10. April 2002 - 0:00

Hallo Dorothea,

ich würde mir an Deiner Stelle einen erfahrenen MKH-Optiker für das Kind suchen. Die wenigsten Optiker gehen an das Schielen heran, und verweisen sofort zurück an den AA..... Ein MKH-Optiker macht das, was Paul-Gerhard sehr gut beschrieben hat. MKH beherrschen nicht alle Optiker, und vor allem nicht alle gleich gut und intensiv. Dieser MKH-ler wird Dir dann die weiteren Schritte aufzeigen, vor allem, ob Dr. Wulff oder ein anderer schnellstmöglich einzuschalten ist.

Viele Grüße
Kerstin

Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft und Hingabe!

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Hallo Dieter,

im Fall von "echter WF" magst Du Recht haben, dass es Fälle gibt (wie bei Dir) wo es über diese Schiene zum Kontakt kommt. Im obrigen Fall braucht es den Spezialisten unter den MKH-lern. Hier könnten allenfalls Anwender der MKH in Teilbereichen vermittelnd tätig sein. Jedoch werden sich die allermeisten MKH-ler bei solch kleinen Schielkindern sehr bedeckt halten (müssen).

Hallo, Dorothea

die ersten zwei Jahre wurde nicht geschielt, hier ist positive Prägung gelaufen. Aber auch nach drei Jahren ist nicht einfach Schluss! Man weiß heute, dass sich die Prägungsphase deutlich länger hält, nur mit abgespecktem Profil. Z.Zt. steht für mich nicht fest, was Dein Kind gelernt hat und was es nie lernen wird. Es ist ein Jahr verflossen, pack´s an!

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers AgnesMaria
Verbunden: 31. März 2006 - 0:00

Paul-Gerhard Mosch schrieb

Dr. Wulff, wie sonst nur noch einige wenige Spezialisten würden alternativ versuchen, durch gezielt gemessene und verabreichte Prismenbrillen, statt über Abkleben (und damit über einer Form der Verstärkung des alternierenden Sehens) mittels dieser eine Kopplung der Bilder herzustellen, die ja schon mal funktionierte. Je länger dieser Zustand aber abtrainiert wurde (nach Schielbeginn) desto fraglicher ist der mögliche Erfolg dieser Massnahmen.!

Herr Mosch, ein nichtvorhandenes Binokularsehen wurde durch eine Okklusionstherapie täglich von einer Stunde nicht abtrainiert. Das ist definitiv falsch.

Was machen Sie mit einem zweijährigen Kind mit unilateralem Schielen und extramakulärer Fixation? Prismen geben? Auch ein Dr. Wulff würde das nicht tun und da bin ich mir ganz sicher. Dennn ein 1-Meter-Visus und noch weniger wird auch durch Ausgleich des Schiel:wink:els mit Prismen, wenn das überhaupt gehen würde, den Visus allein nicht ansteigen lassen und ein Binokularsehen entsteht so auch nicht. Nur mal ein bißchen physiologisch-anatomisch-neurologisch gedacht, Herr Mosch, und Sie kommen ganz allein dahinter.

Nichts für ungut, aber das kann ich so nicht stehen lassen. Da sträuben sich ja bei mir sämtliche Nackenhaare. Herr Mosch, Herr Mosch....

Auch wenn die ersten zwei Jahre angeblich nicht geschielt wurde, war trotzdem ein Schielen da. Man hat es nur nicht gesehen. Es war kosmetisch unauffällig, jedoch sensorisch schon längst angelegt. Woher soll sonst auf einmal die Amblyopie kommen? Aus dem Nichts? Und der dekompensierte Schiel:wink:el? Der kam so ganz plötzlich?

Ich will mich nicht mit Ihnen streiten, aber Sie haben hier leider unrecht.

Seien Sie mir wegen meiner offenen Worte nicht böse. Es mußte sein.

In allen Grenzen ist auch etwas Positives.

 

Immanuel Kant

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Hallo AgnesMaria,

es freut mich, Sie streitbar zu "hören". Toll, das Sie sich einklinken können. Wo haben Sie den so(!) geringen Amblyopievisus gelesen? - Ich nicht.

Natürlich macht Abkleben Sinn, möglichst krass sollte es sein. Ich hörte mal bei "drei" Jahren alt = "drei Tage am Stück, dann Tragepause usw" - und wenn der Visus nicht mehr ansteigt (häufige Kontrollen sind wichtig) prismatische Versorgung, aber ... wer tut das denn machen?
Jedoch nur ne Stunde am Tag? ... und im übrigen wird weiter geschielt ... über Jahre, ich kann mir daraus keinen Reim machen.
Aber muss es ja auch nicht!

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers AgnesMaria
Verbunden: 31. März 2006 - 0:00

Paul-Gerhard Mosch schrieb

Hallo AgnesMaria,

es freut mich, Sie streitbar zu "hören". Toll, das Sie sich einklinken können. Wo haben Sie den so(!) geringen Amblyopievisus gelesen? - Ich nicht.

Natürlich macht Abkleben Sinn, möglichst krass sollte es sein. Ich hörte mal bei "drei" Jahren alt = "drei Tage am Stück, dann Tragepause usw" - und wenn der Visus nicht mehr ansteigt (häufige Kontrollen sind wichtig) prismatische Versorgung, aber ... wer tut das denn machen?
Jedoch nur ne Stunde am Tag? ... und im übrigen wird weiter geschielt ... über Jahre, ich kann mir darauß keinen Reim machen.
Aber muss es ja auch nicht!

Das, Herr Mosch, war ein Beispiel, wo okkludiert werden muss! Das sich das nicht auf Dorotheas "Fall" bezog war doch ersichtlich. Nur um ihre etwas, nun ja, verkehrte Aussage, dass auch ohne Okklusion von bestimmten Spezialisten nur mit der Gabe einer Prismenbrille Amblyopien und fehlendes Binokularsehen sich in Luft auflösen.

Wenn das so einfach wäre bräuchte es doch nur noch die MKH, nicht wahr?

Und okkludieren nach Alter ist auch so eine Doktrien an die sich Leute halten die nicht wissen wa sie da treiben. Es hängt doch vom Befund und der Gesamtsituation ab ob ich okkludiere und wie lange. Aber auch da habe ich schon die döllsten Dinge bei der Anamneseerhebung von den Patienten erfahren. Doch darüber will und kann ich in diesem Forum nichts mitteilen. Sie verstehen das bestimmt. Ansonsten Ich gebe Ihnen da schon ein wenig recht. Aber Okklusionen, Atro-Kuren und Penalisationen haben schon Ihre Berechtigungen.

Wenn Binokularsehen nicht angelegt ist, auch das gibt es tatsächlich, wird es nicht kommen. Wenn aber ein Spätschielen nach dem dritten Lebensjahr ohne erhebliche Amblyopie eintritt, dann wird man mit Brille, mit OP oder auch mit Prismen ein Binokularsehen wieder hinbekommen, vielleicht ein artifizielles, aber besser als nichts und je eher die Therapie anläuft, desto besser. Da muss bei einem Ausgangsvisus von 0,6 oder 0,7 auf dem schlechteren Auge nicht unbedingt okkludiert werden. Da gibt es auch andere Möglichkeiten. Es muss aber wenigstens eine juxtafoveolare Fixation auf diesem Auge bestehen, sonst funktioniert es eben nicht.

So weit verständlich?

Und auch, weswegen ich Sie berichtigen musste?

Herzlichst

Ihre

A.M.

In allen Grenzen ist auch etwas Positives.

 

Immanuel Kant

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Hallo AgnesMaria,

so gefällt mir das, Besten Dank bei voller Übereinstimmung!

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)