Frohe Weihnachten zusammen,
ich möchte meinen aktuellen Fall in zwei Kapiteln schildern und bitte dann um Meinungen und Diskussionsbeiträge.
Vorinformationen:
- männlich, Anfang 40
- kurzsichtig seit Kindheit, -5 bis -6 dpt
- bis vor kurzem niemals irgendwelche Probleme mit binokularem Sehen
- räumliches Sehvermögen besonders gut ausgebildet
- erhöhte Lichtempfindlichkeit
- min. 100% Sehkraft auf beiden Augen
- Führungsauge: rechts
Erstes Kapitel - Juli bis November 2012:
- Beginnend mit ersten empfundenen Sehanstrengungen (konzentrierter hinsehen müssen) entwickelte sich innerhalb weniger Wochen eine Situation, die mir Autofahren unmöglich machte. Bei jedem Wechsel der Blickrichtung hatte ich Doppelbilder, die zwar nach etwa eine Sekunde fusionierten, aber bereits diese Zeit ist als Blindflug inakzeptabel. Das Ganze war verbunden mit auffälliger extremer Müdigkeit.
- Die Suche nach Ursachen bei Allgemeinarzt, Augenarzt und Neurologe führte zu keinem Befund. Eine Orthoptistin bestätigte immerhin meine Selbstbeobachtung und empfahl eine 3-monatige Testphase mit eine Folie (5 Prismen, Basis innen). Nach wenigen Tagen hatte ich aber wieder genau die gleichen Probleme.
- Die erste brauchbare Hilfe fand ich bei einem Augenoptiker mit MKH. Demnach sind Fälle, bei denen unerkanntes latentes Schielen innerhalb kurzer Zeit zu so großen Problemen führen kein Einzelfall. Auch wenn ich keine brauchbare Erklärung für die Ursache bekommen habe, habe ich immerhin einen brauchbaren Weg zur Beseitigung der Probleme aufgezeigt bekommen (Prismenaufbau + Schiel-OP).
- Erste Messung und Prismenbrille: zusammen 16 Prismen Basis innen, 0 vertikal.
- Eingewöhnungsprobleme gingen nahtlos in eine Wiederholung der vorherigen Schwierigkeiten über. Nach zwei Wochen erneute Messung: 31 innen, 0 vertikal.
- Da dies bereits an der Grenze dessen liegt, was sinnvoll an einem Auge operiert werden kann, wurde OP angesetzt.
- In den 4 Wochen Wartezeit bis OP-Termin ist eigentlich an horizontalem Winkel nichts mehr dazugekommen, aber es fiel auf, dass eine kleine vertikale Abweichung dazu gekommen ist. Die Abbildungsfehler der Brille waren so groß, dass ich durchgehend nicht arbeitsfähig und fahrtüchtig war. Mit versuchtem einäugigem Sehen bin ich gar nicht zurecht gekommen.
- Augen-OP links durchgeführt. Innerer und äußerer Muskel um 6 mm korrigiert. Anschließend mit normaler Brille zurechtgekommen, aber nur mit Mühe, da jetzt vertikale Abweichung größer und nur knapp zu kompensieren war.
- Nächste Augenglasbestimmung ergab 8 innen, 11 vertikal. Mit dieser Brille kam ich 4 Wochen lang gut zurecht und konnte auch wieder uneingeschränkt Autofahren.
- Der Umstand, dass vertikale Abweichungen sich erst zeigen, wenn horizontale korrigiert sind, ist laut meinem Augenoptiker nicht ungewöhnlich.
- Bis hierhin nahm also alles einigermaßen den Verlauf, der mir Anfangs angekündigt wurde. Es war jetzt geplant vor einer zweiten Augen-OP durch weitere Messungen und Brillen in Ruhe die richtigen OP-Winkel zu bestimmen. Ich hatte inzwischen gemerkt, dass in der Vertikalen noch etwas dazugekommen ist und das kompensieren wieder etwas anstrengender wurde.
Zweites Kapitel - Dezember 2012:
- Abweichend vom Plan bin ich morgens mit vertikalen Doppelbildern aufgewacht, die ich gar nicht mehr zur Deckung bringen konnte.
- Augenglasbestimmung ergab 12 innen, 19 vertikal
- Bei Wartezeit auf neue Brille (1 Woche) habe ich das linke Auge abgedeckt. Anders als vor der Augen-OP bin ich so gut zurecht gekommen.
- Neue Brille hat nicht funktioniert, neue Messung hat 12 innen, 27 vertikal ergeben. Die fehlenden 8 vertikal wurden zusätzlich als Folie aufgebracht.
- Eine neue Qualität haben die Probleme allerdings dadurch bekommen, dass die seitliche Beweglichkeit der Augen eingeschränkt ist. Besonders auffällig ist, dass das rechte Auge keine Bewegung nach links macht. Das linke Auge sieht stramm Richtung Boden, scheint aber darüber hinaus auch zu weit geschlossen zu sein.
- Der Augenarzt sieht zwingend neurologische Gründe für diese Lähmung mehrerer Augenmuskeln.
- In der Neurologie wurde ich am Freitag vor Weihnachten untersucht und Anzeichen einer Muskelschwäche (Autoimmunerkrankung, okuläre Myasthenia gravis) gesehen. Dank Jahresende wird das diagnostische Programm allerdings erst im Januar angestoßen.
- Mit Prismenbrille komme ich aktuell nicht zurecht, da bei jedem Blick leicht seitwärts die Augen auseinander laufen. Ich muss daher mit einem abgedeckten Auge zurecht kommen.
So, jetzt meine Fragen und Thesen:
- Gibt es im Forum Erwachsene, die in gleicher Weise von beschwerdefrei in Richtung handlungsunfähig gerast sind? Ich habe im Forum noch keine gleichartige Schilderung gefunden.
- Ich habe von Augenoptiker, Augenarzt und Orthoptistin auf die Frage, woher so etwas kommt, nur so etwas wie Stress, schwerer Infekt oder belastende Ereignisse wie Todesfälle gehört. Dies sind auffälliger Weise die gleichen nebulösen Erklärungen, die man für Autoimmunerkrankungen wie die Myasthenia gravis bemüht. Ich kann mir vorstellen, dass letztlich oft eine unerkannte okuläre Myasthenia gravis die Ursache ist, wenn Erwachsene ihr latentes Schielen irgendwann nicht mehr kompensieren können. Kann jemand hierzu etwas sagen?
- Anders als das zu weit geschlossene linke Augenlied sind die Lähmungen der seitlichen Augenbewegung sehr untypisch für eine okuläre Myasthenia gravis. Hat hier jemand andere Ideen und Erfahrungen?
Trotz ihrer Länge ist die Schilderung deutlich gekürzt. Wenn noch Informationen fehlen oder gewünscht sind, liefere ich diese gerne.
Vielen Dank (auch für die Geduld beim Lesen bis zum Ende)
P.S.: Wer sich über (okuläre) Myasthenia gravis informieren will, kann als Einstieg bei Wikipedia nachsehen: http://de.wikipedia.org/wiki/Myasthenia_gravis
Moin Natwis,
keine schöne Geschichte. Mein Rat kann nur sein, keine zusätzliche Augen- Op mehr durchführen zu lassen. Bei dieser Erkrankung würde das nur noch mehr Probleme verursachen. Bei bestimmten Sehaufgaben kann die Occlusion des Nichtführungsauges hilfreich sein.
Viele Grüße
Eberhard
In jedem Fall ist hier erst einmal der medizinische Hinterrgrund abzuklären.
Wir sind sehr am weiteren Verlauf interessiert und ich wünsche Ihnen im Neuen Jahr in jedem Fall Gottes Geleit und Segen!
Gerade auch was diese völlig untypische Art im Verlauf angeht.
Viele Grüße:
Paul-Gerhard Mosch (PGM)