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Bild des Benutzers anan
Verbunden: 17. Juli 2004 - 0:00
Augenproble nach Hypophysenadenom

Liebes Expertenteam,

ich wäre dankbar für einen Rat, betreffend einen sehr guten Freund von mir.
Er wurde im letzten Sommer erfolgreich an einem schon mehrere cm großen, u. a. auf das Chiasma opticum und den 3. Hirnnerv drückenden Hypophysenadenom operiert. Er hat den schweren Eingriff insgesamt sehr gut überstanden, leidet aber weiterhin an einer beidseitigen Lidschwäche, einer beidseitigen Blickfeldbeeinträchtigung nach außen sowie an Doppelbildern, die er beim Blick nach oben sowie nach (seitlich) unten wahrnimmt.
In den letzten Monaten kamen nun Kopf- und Augenschmerzen hinzu, die anfänglich meist gegen Nachmittag oder Abend auftraten, jetzt aber mit kurzen Pausen fast immer vorhanden sind.
Als interessierte Laiin frage ich mich nun, ob ihm mit Prismengläsern geholfen werden könnte. Ich stelle mir nämlich vor, dass er womöglich auch schon beim Blick geradeaus Doppelbilder hätte, diese aber durch massive Anstrengung noch normal innervierter Augenmuskeln kompensiert, was dann aber letztlich zu den Schmerzen führt.
Ist das denkbar? Denn in diesem Fall könnte er ja eventuell mit den richtigen Prismen entspannter geradeaus sehen und hätte vielleicht sogar beim Blick nach oben und unten weniger Probleme.
Ist es sinnvoll, dass er an der Augenklinik, wo er sowieso regelmäßige Kontrolltermine hat, einmal dieses Thema anspricht?
Möglicherweise sind die Schmerzen allerdings auch Folge des ständigen kompensatorischen Hochziehens der Stirne, was er automatisch tut, damit seine Lider nicht den oberen Teil der Pupillen überdecken. Eine Lid-OP kommt bei ihm nicht mehr in Frage, da bereits vor Jahren einmal durchgeführt und seitdem auf einem Auge umgekehrt auch kein kompletter Lidschluss mehr möglich ist. Gäbe es denn für dieses Problem eine andere (augenoptische) Lösung? Bisher streicht er lediglich so oft als möglich die Stirn nach unten aus.

Ganz herzlichen Dank im Voraus für ein paar hilfreiche Informationen!
anan

Bild des Benutzers Eberhard Luckas
Verbunden: 29. September 2002 - 0:00

Hallo Anan,

auf jeden Fall soll er in der Augenklinik vorsprechen. Das Adenom hat Chiasma und 3. Hirnnerv beeinträchtigt, da sind die jetzigen Folgen unvermeidlich. Wie man jetzt helfen kann und was nötig ist ist erst einmal Sache der Mediziner, vor allem zusätzliche neurologische Untersuchungen, die die Sehbahn zum Gehirn betreffen, sind nötig. Ebenso ist offensichtlich die Innervierung der Augenmuskeln gestört.
Der 3. Hirnnerv versorgt 4 Augenmuskeln und gleichzeitig den Lidheber und die Pupille.

Viele Grüße

Eberhard

Bild des Benutzers anan
Verbunden: 17. Juli 2004 - 0:00

Herzlichen Dank für die schnelle Antwort!

Mein Freund ist ja seit Diagnose und OP des Tumors (Sommer 06) bereits in regelmäßigen Kontrollen in einer Universitätsaugenklinik, wo immer verschiedene Untersuchungen gemacht werden

- Sehschärfe wieder auf beiden Augen auf 100%, war z. Zt. der OP auf einem Auge auf 80% gesunken.
- Doppelbilder haben nach den Messungen dort seit der OP tendenziell im Ausmaß etwas abgenommen, sind aber in der beschriebenen Form (Blick nach oben und unten) weiterhin vorhanden
-Gesichtsfeldausfälle haben sich von einer kompletten Hemianopsie nach außen deutlich zurückgebildet, auf einer Seite nur noch "fleckförmig"

Nur beließen es die Ärzte bisher immer bei diesen Untersuchungen, und ich frage mich halt, ob man da nicht auch etwas t u n kann!
Aber vielleicht sollte er ja genau darauf die Ärzte einmal ansprechen...

anan

Bild des Benutzers Ernst H. Rupp
Verbunden: 21. September 2006 - 11:13

Hallo anan,

klar, grundsätzlich ist es denkbar, dass hier eine Prismenbrille hilft. Sicher ist es natürlich nicht. Auf jeden Fall mal ansprechen, beim Klinikbesuch (gut wäre natürlich, wenn es eine Klinik/Augenarzt ist der Prisman nicht grundsätzlich ablehnt, oder sogar die MKH kennt und kann). Aber es wird natürlich bei bestehenden Nervenschädigungen immer problematisch bleiben.

Zur Lidproblematilk Es gibt die Möglichkeit an eine Brille einen "Lidheberbügel" zu montieren. Ist fast völlig aus der mode (ich kenne es nur aus "alten Zeiten"). Dabei wird - bevorzugt an Kunststoffbrillen - am oberen Fassungsrand ein Metallbügel so angebracht, dass er oberhalb des Augapfels das Lid nach hinten schiebt und so hebt (=Ptosysbrille, wenn ich nicht irre). Nachteil Das Lid ist dann oben und bleibt dort. Es gibt keinen Lidschlag. Das kann den Tränenfilm zerreissen lassen und zu trockenheitsproblemen führen. Und bequem ist es bestimmt auch nicht. Zusätzlich lässt sich mit einem dichten Seitenschutz auch eine "Feuchte Kammer" herstellen (der Abstand zwischen Fassungsrand und Gesicht, Stirn und Wange wird geschlossen) um dem Austrocknen der Hornhaut (wegen des fehlenden Lidschlags) vorzubeugen. Aber es wird nicht einfach sein einen Optiker zu finden, der so etwas macht. Halt mal das Telefonbuch nehmen und abtelefonieren.

Viel Erfolg
Ritter Rost

Bild des Benutzers Steen Aalberg
Verbunden: 15. Januar 2007 - 17:09

- Es passiert öfters bei Gesichtsfeldausfällen dass das übrig gebliebene Gesichtsfeld unmittelbar zu wenig Fusionsobjekte anbietet, und der Patient erlebt Doppelbilder. In solche Fälle ist Visual Training zielgerecht an Augenmotorik und Fusion meistens sehr erfolgreich. Wenn die von OP errichteten Nervenschäden nicht massiv sind, ist die Prognose was auch die Augenmotorik betrifft ganz gut.
Steen

Bild des Benutzers AgnesMaria
Verbunden: 31. März 2006 - 0:00

Steen Aalberg schrieb

- Es passiert öfters bei Gesichtsfeldausfällen dass das übrig gebliebene Gesichtsfeld unmittelbar zu wenig Fusionsobjekte anbietet, und der Patient erlebt Doppelbilder. In solche Fälle ist Visual Training zielgerecht an Augenmotorik und Fusion meistens sehr erfolgreich. Wenn die von OP errichteten Nervenschäden nicht massiv sind, ist die Prognose was auch die Augenmotorik betrifft ganz gut.
Steen

Wenn eine Hemianopsie beidseits nach außen bestand sind die nasalen Gesichtsfelder o.B. In den Bereichen funktioniert die Fusion absolut. Man würde sonst auch keine Doppelbilder feststellen. Nur mal so, als Gedankenstütze.

Es ist eine sogenannte heteronyme bitemporale Hemianopsie. Das ist bei einem Hypophysenprozess am Chiasma auch zu erwarten.

Es hat sich gebessert und nun hoffen wir alle, es wird noch besser. Der Druck auf dem Chiasma ist ja nicht mehr da.

Bei störenden Diplopien helfen nur zwei Sachen. Prismen zum Ausgleich der Doppelbilder oder das Abdecken eines Auges. Allgemein bilden sich die Oculomotoriusparesen innerhalb eines Jahres zurück. Was dann noch da ist, bleibt häufig. Das liegt daran, dass man operativ an einen oder beide Oculomotorii gekommen ist, die in der Gegend der Hypophyse beim Chiasma auch liegen bevor sie in den Sinus cavernosus einmünden.

Dann Prismen anzupassen ist nicht so einfach. Man benötigt einen Wert bei Geradeausblick und einen bei Blicksenkung. Es wird einen Bifokalbrille, hier mit unterschiedlichen Prismenwerten, notwendig.

Man kann das auch schieloperieren. Je nach Ausgangsbefund.

Gegenparese am gesunden Auge und Monate später Umlagerung horizontal und vertikal am paretischen Auge. Das wäre eine von vielen Möglichkeiten.

Aber warten wir erst mal den Sommer ab.

A.M.

In allen Grenzen ist auch etwas Positives.

 

Immanuel Kant

Bild des Benutzers Kerstin Harms
Verbunden: 10. April 2002 - 0:00

Liebe AgnesMaria,

Zitat "Das liegt daran, dass man operativ an einen oder beide Oculomotorii gekommen ist, die in der Gegend der Hypophyse beim Chiasma auch liegen bevor sie in den Sinus cavernosus einmünden."

Könnte ich bitte die Begriffe Oculomotorii (Sehnervbahnen?), Chiasma und Sinus cavernosus kurz erklärt bekommen? Es intersssiert mich wegen meiner Tochter, da ich gerade zu lernen scheine, dass das Sehen auch noch in hinteren Bereichen des Gehirns eine Rolle zu spielen scheint - da wo die Kleine ja die Zyste hat....

Viele Grüße
Kerstin

Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft und Hingabe!

Bild des Benutzers anan
Verbunden: 17. Juli 2004 - 0:00

Hallo,
hier kann auch ich schon mal ein wenig antworten

- Die beiden Oculomotorius-Nerven (= 3. Hirnnerv) sind nicht die eigentlichen Sehnerven, vielmehr sind sie u.a. für eine ausreichende Lidöffnung, für bestimmte Bewegungen der Pupillen und für bestimmte Bewegungen der Augäpfel (d. h. in bestimmte Richtungen) zuständig. Darum hatte mein Freund ja auch durch den Druck des Tumors zunächst über Jahre tief hängende Augenlider und dann zuletzt auch Doppelbilder beim Blick nach oben und nach unten seitlich.
Andere Hirnnerven wiederum sind für Bewegungen des Augapfels in andere Richtungen zuständig, es ist also ein kompliziertes Zusammenspiel.
- Der eigentliche Sehnerv, der die Seheindrücke von der Netzhaut weiterleitet, heißt "Nervus opticus", und es gibt wieder einen vom rechten und einen vom linken Auge ausgehenden. Das "Chiasma opticum" ist die sog. Sehnervenkreuzung, auch etwas recht Kompliziertes, wo nämlich die inneren Anteile der beiden Sehnerven auf die jeweilsgegenüberliegende Hirnseite kreuzen, die äußeren Anteile hingegen auf der jeweiligen Hirnhälfte verbleiben und dort weiter verarbeitet werden.
Da der Hypophysentumor meines Freundes auf das Chiasma drückte, hatte er zuletzt dafür typische Gesichtsfeldausfälle (rechts wie links Fehlen des seitlichen Anteiles des Gesichtsfeldes - oder anders ausgedrückt Blickfeldausfall beidseits nach außen).
- Für das Sehen spielen neben Hirnstamm und Mittelhirn gerade auch die hinteren Anteile des Großhirns eine wichtige Rolle, denn in dessen beiden Hinterhauptslappen (Occipitallappen) werden die Seheindrücke in bewusste Wahrnehmung umgewandelt.
- Der "Sinus cavernosus" ist ein Teil des Gefäßsystems des Hirns, wo verschiedene blutableitende Gefäße (Venen) sich sammeln.
- Die Hypopyse liegt übrigens auf der Schädelbasis so ziemlich genau in der Mitte des Schädels, quasi auf dem gedachten Schnittpunkt einer Linie von Gehörgang zu Gehörgang mit einer Linie von der Nasenwurzel nach hinten; die Sehnervenkreuzung liegt genau daüber, seitlich daneben verlaufen die beiden Oculomotorius-Nerven; und der Sinus cavernosus liegt auch nicht sehr weit davon entfernt.

Gruß anan

P.S. Was meinen Freund und dessen Beschwerden angeht, sind wir leider noch nicht weiter; die Mühlen an der ihn behandelnden Uniklinik mahlen einfach so entsetzlich langsam...

Bild des Benutzers AgnesMaria
Verbunden: 31. März 2006 - 0:00

Kerstin Harms schrieb

Liebe AgnesMaria,

Zitat "Das liegt daran, dass man operativ an einen oder beide Oculomotorii gekommen ist, die in der Gegend der Hypophyse beim Chiasma auch liegen bevor sie in den Sinus cavernosus einmünden."

Könnte ich bitte die Begriffe Oculomotorii (Sehnervbahnen?), Chiasma und Sinus cavernosus kurz erklärt bekommen? Es intersssiert mich wegen meiner Tochter, da ich gerade zu lernen scheine, dass das Sehen auch noch in hinteren Bereichen des Gehirns eine Rolle zu spielen scheint - da wo die Kleine ja die Zyste hat....

Viele Grüße
Kerstin

Oculomotorii Damit sind beide Nervi Oculomotorii gemeint. Sie verlassen den Hirnstamm im Bereich der Fossa interpeduncularis , die vor der Pons liegt. Lateral der Sella turcica ziehen Sie (Rechts wie Links) durch die Wand des Sinus cavernosus und anschließend, zwischen der Ateria cerebri posterior und der Arteria cerebelli superior, gelangen sie von der Schädelhöhe in die Orbita. In der Orbita teilen sich die Oculomotorii in zwei Äste.

Der Ramus superior ist motorisch und innerviert dem Musculus levator palpebrae suporius, M. rectus superior.

Der Ramus inferior Musculus rectus medialis, M.rect.inferior., M. obliqus inferior

Der Ramus inferior gibt noch als Ast die Radix oculomotoria ab.

Radix parasympathica (R.Oculomotoria) parasympathisch, leitet prägangliönäre parasympathische Nervenfasern zum Ganglion ciliare, wo die Umschaltung auf postganglionäre Neurone erfolgt.
--Nervii ciliares breves parasympathisch leiten postganglionäre Fasern zum M. ciliares und M. sphincter pupillae.

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Chiasma opticum ist die Sehnervenkreuzung.

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Sinus cavernosus, der paarig ist.

ist ein venöser Blutleiter, an beiden Seiten der Sella turcica verläuft. Die Sinus cavernosi werden vor dem Türkensattel (Sella turcica) und dahinter mit einem Geflecht erweiter, dem Sinus intercavarnosus.

Der Sinus cavernosus reicht von der Fissura orbitalis superior bis zur Spitze der Felsbeinpyramide.

Der Sinus cavernosus erhält das Blut aus der Vena ophthalmica superior und inferior aus der Vena media superficialis cerebri. Das Blut fließt über den Sinus petrosus superior und den Sinus sigmoideus.

Im Sinus cavernosus verlaufen die Arteria carotis interna und der Nervus abducens. In der lateralen Wand des Sinus verlaufen der Nervus oculomotorius, des Nervus Ophthalmicus , Nervus maxillaris und der Nervus trochlearis.

In allen Grenzen ist auch etwas Positives.

 

Immanuel Kant

Bild des Benutzers KerstinEP
Verbunden: 24. August 2004 - 0:00

ICh habe versucht, ein Bild zu finden. Leider sind die im Netz alle nicht berauschend. Aber der Link hier erklärt auch ein wenig.
http://www.ph-ludwigsburg.de/fileadmin/subsites/2e-imix-t-01/user_files/...

Neuroanatomie ist recht kompliziert. Aber an dem Bild sieht man eigentlich ganz gut, wo das ganze ungefähr liegt und wie "tief". Man kann sich zumindest vorstellen, warum OPs hier sicherlich schwer sind. Da liegt so viel empflindliches Hoch-verletzliches nebeneinander.

Gott schenkt Dir das Gesicht. Lächeln musst Du selber!

Bild des Benutzers Kerstin Harms
Verbunden: 10. April 2002 - 0:00

Super! Danke für Eure Erklärungen und vor allem für den Link, liebe Kerstin! Hat mir sehr weitergeholfen. Und sorry, dass ich hier so reingefunkt habe, wo ich doch anan gar nicht weiterhelfen kann. Stattdessen kam ich mit Fragen....

LG
Kerstin

Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft und Hingabe!